Reitpädagogik

Die Hippopädagogik ist ein bewegungsorientierter Ansatz angelehnt an die Psychomotorik, der seit Jahrzehnten erfolgreich in der Reittherapie und Reitpädagogik angewendet wird.


Reittherapeut und Reittherapeutin sind keine geschützten Brufsbezeichnungen. Alle angebotenen Ausbildungsgänge sind Zusatzausbildungen oder Weiterbildungen pädagogischer und/oder therapeutischer Grundberufe.

Klassisch_Englische Reitweise

Im folgenden gibt es eine Übersicht von Begriffsbestimmungen im Bereich der Reitpädagogik und des Reitunterrichts. Es geht um die Erläuterung verschiedener Reitweisen, Reitstile und methodischen Ansätzen innerhalb des Reitunterrichts. Bei verschiedenen Zielsetzungen (grundlegende Pferdeausbildung, Dressurreiten, Springreiten, Vielseitigkeit, Geländereiten, Freizeitreiten, Westernreiten, Showreiten, Korrekturreiten, Therapiepferdeausbildung u.a.) sollte immer ein pferdeverstehendes, pferdegerechtes Vorgehen und Handeln im Vordergrund stehen. Es gibt nicht die bessere Reitweise - es gibt nur gute Reiter und schlechte Reiter und die findet man überall. Die Auswahl erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit und lässt sich sicher noch erweitern.

Die Englische Reitweise fußt auf der Reitlehre des französischen Reitmeisters Guérinière. Da die englische Reitweise auch in der Kavallerie als Grundlage diente, orientierte man sich auch an den Anforderungen für das Militär. Heute findet sie Anwendung beim Dressurreiten, Springreiten, Polospiel, Vielseitigkeitsreiten, Rennsport, Freizeitreiten, auf Wanderritten u.a.). Es wird in einem sog. Pritschensattel geritten, der auch als englischer Sattel bezeichnet wird. Hauptmerkmale der englischen Reitweise ist die sog. Anlehnung, der stetige Kontakt über die Zügeln mit dem Pferdemaul, sowie der anliegende, mitatmende Schenkel und die Einwirkung über Gewichtshilfen. Das Ziel innerhalb der Ausbildung eines englisch gerittenen Pferdes ist die absolute Durchlässigkeit, die erst nach Jahren kontinuierlicher, guter Ausbildung erreicht wird. Dabei sind die einzelnen aufeinander aufbauenden Stufen der Ausbildungsskala eines Pferdes immer zu beachten.

  • Takt
  • Losgelassenheit
  • Anlehnung
  • Schwung
  • Geraderichten
  • Versammlung

Erst im fortgeschrittenen Ausbildungsstand kann der letzte Punkt, die Versammlung gelingen. Meistens werden Warmblüter in der englischen Reitweise geritten, aber prinzipiell können alle Pferde mit drei gut angelegten Grundgangarten in dieser Reitweise ausgebildet werden.

Es ist schwierig die Klassische Reitweise von der englischen Reitweise eindeutig abzugrenzen. Ausbilder in der klassischen Reitweise berufen sich vor allem auf die Lehren der alten Reitmeister, wie Xenophon, R. de la Guérinière, G. Steinbrecht, A. Pluvinel, A. Baucher u.v.a. Der Portugiese Nuno Olivera, verehrt als der klassische Reitmeister unserer Zeit, war der lebende Beweis für die Umsetzung klassischer Ideen in die Praxis. Allen Vertretern der klassischen Reitweise geht es um eine gewaltfreie, auf Naturgesetzen von Gleichgewicht und Balance aufgebaute, am natürlichen Bewegungsablauf von Pferden orientierte Ausbildung, die zum Ziel hat, dass das Pferd sich aufmerksam, zufrieden, im Einklang mit dem Reitergewicht bewegen kann, bzw. sich tragen lernt. Dieses hohe Ziel wird erreicht durch eine individuell auf jedes Pferd abgestimmte Gymnastizierung, die eine auf Minimierung ausgerichtet Hilfengebung benutzt. Diese Art des Reitens wird auch häufig als Signalreiten bezeichnet, was immer eine aufmerksame Mitarbeit des Pferdes voraussetzt. So scheint der Hauptunterschied zwischen englischer und klassischer Reitweise vor allem in der Arbeitsweise zu liegen. Beide Reitweisen berufen sich auf die gleichen Grundlagen und streben bei der dressurmäßigen Ausbildung der Pferde nach dem gleichen Ziel und betonen, dass dieses Ziel nur mit viel Sachkenntnis und Fertigkeit nach mehrern Jahren zu erreichen ist.

Wie der Begriff schon impliziert, liegt der Ursprung des Barockreitens im Zeitalter des Barocks (ca. 1600 - 1750). Deshalb wird auch oft von klassischem Barockreiten gesprochen und die Arbeitsweise und Zielausrichtung orientiert sich an der Lehre und den Gedanken der Klassischen Reitweise. Innerhalb der barocken Ausbildung eines Pferdes wird allerdings im Gegensatz zur englischen und klassischen Reitweise sehr viel auch vom Boden aus gearbeitet, um die sogenannten Schulsprünge (levade, Pesade, Courbette, Kapriole usw.) zu erarbeiten. Die Piaffe wird als wichtige Lektion in der Ausbildung und als Grundübung vor der Entwicklung des Galopps gesehen. Das Barockpferd unterscheidet sich im Exterieur (Quadratpferd) eindeutig vom modernen Sportpferd (Rechteckmodell).

Westernreiten_Trail_Juliane Deppisch

Das Westernreiten dient als Sammelbegriff für verschiedenen Disziplinen im Westernreitsport (Trail, Pleasure, Reining, Working Cowhorse, Horsemanship, Westernriding, Superhorse, Cutting u.a.). Das Westernreiten hat seinen Ursprung in der Rancharbeit der amerikanischen Cowboys. Diese brauchen ein trittsicheres, einhändig zu reitendes (die zweite Hand muss frei sein für die Arbeit), wendiges, nervenstarkes Pferd. Wesentlich bei der Hilfengebung  innerhalb der Ausbildung eines Westernreitpferdes ist das Setzen eines Signals und Erwarten einer Antwort des Pferdes. Alle Lektionen und Übungen sind darauf ausgerichtet die Hilfengebung immer wieder zu  minimieren. Um ein teilweise selbstständig mitarbeitendes, bei allen Manövern (die oft in schnellstem Tempo mit schnellen Abremsungen und abrupten Richtungswecheln geritten werden) ausbalanciertes Pferd zu Verfügung zu haben, bedarf es einer langjährigen an folgender Ausbildungsskala orientierten Ausbildung des Westernpferdes:

  • Takt
  • Losgelassenheit
  • Nachgiebigkeit
  • Aktivierung der Hinterhand
  • Geraderichten
  • Absolute Durchlässigkeit

Prinzipiell kann jedes Pferd in der Westernreitweise ausgebildet werden. Allerdings wurde in Amerika kontinuierlich ein auf die speziellen Bedürfnisse bei der Rancharbeit (sowohl vom Exterieur als auch vom Interieur) ausgerichtes Pferd gezüchtet, das sog. Quarter Horse, das mit 4,3 Millionen registrierten Pferden die größte Pferderasse der Welt ausmacht. Das Westernreiten findet in einem speziell auf die Anforderungen der Westernreitweise ausgerichteten Sattel statt, der sich vor allem auch durch eine große Auflagefläche auf dem Pferderücken auszeichnet.

Dem Freizeitreiten liegt keine bestimmte Reitweise zugrunde und es werden dabei keine Pferde bestimmter Pferderassen benutzt. Wie das Wort Freizeitreiten schon impliziert, geht es dabei um die freizeitmäßige Beschäftigung mit dem Pferd. Freizeitreiter bewegen sich mit dem Pferd vorwiegend im Gelände, was hohe Ansprüche sowohl an das Pferd als auch an den Reiter mit sich bringt. Die Pferde müssen dazu, sollen sie lange gesund bleiben, gut gymnastiziert, für das Reiten auf unebenem Boden entsprechend bemuskelt werden, trittsicher und nervenstark sein. Leider mangelt es vielen Freizeitreitern an Fachkenntnis und entsprechender Reitausbildung, um diese Zielsetzung zu erreichen. Egal, ob der Freizeitreiter im Westernsattel oder im Englischsattel unterwegs ist, Spaß und Freude mit dem Pferd in der Natur kann er nur erleben, wenn er auf einem verlässlich ausgebildeten, sicher auf die reiterlichen Hilfen reagierendem Pferd sitzt. Innerhalb der Ausbildung Hippopädagogik wird kein bestimmter Reitstil bevorzugt. Vielmehr lernen angehende HippopädagogInnen, den vielen pferdebegeisterten Menschen, Fachkenntnisse zu vermitteln und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen wie man mit Freude und Verantwortung mit dem Pferd als Partner Natur hautnah erleben kann.

Feldenkrais und Reiten nutzt die nach seinem Begründer, dem Physiker Moshe Feldenkrais, benannte Bewegungslernmethode, um Reitern zu mehr Körperkompetenz beim Reiten bzw. beim Reiten lernen zu verhelfen. Innerhalb von Feldenkrais - Lektionen am Boden, auf dem Stuhl und im Stehen geht es zunächst darum, sich Bewegungsmuster bewußt zu machen, sie zu variieren, neue Bewegungsmuster zu erlernen und Bewegungszusammenhänge zu erkennen, die beim Reiten wichtig sind. Reittypische Bewegungskombinationen, aber auch Differenzierung von Bewegungen müssen erst ohne Pferd klar sein, damit sie auf dem Pferd gelingen können. Davon profitieren nicht nur die Reitschüler, sondern vor allem auch die Pferde. Sinnvoll im Bewegungslernprozess ist es auch, wenn sich die Reitschüler mit Unterstützung des Feldenkrais - Reitlehrers sogenannte Bewegungschecklisten zusammenstellen, die Ihnen dann auf dem Pferdrücken dazu dienen, sie wiederholt vor dem inneren Auge durchzugehen. Das trainiert die beim Reiten unabdingbare Körperbewußtheit und macht auf Dauer immer unabhängiger vom Reitlehrer. In diesem Sinne ist auch einer der Leitsätze von Moshe Feldenkrais zu verstehen: "Erst, wenn ich weiß, was ich tue, kann ich tun, was ich will".

Ursula Bruns hat unter dem Bergiff Leichte Reitweise eine Methode entwickelt, die vor allem für Freizeitreiter gedacht ist. Da die Zahl der erwachsene Reitanfänger oder Wiedereinsteiger in den vergangenen Jahrzehnten extrem zugenommen hat, bedurfte es einer Methode, die die speziellen Lernbedingugnen von erwachsenen Menschen berücksichtigte. Die Leichte Reitweise benutzt häufig auch den sowohl für den Rücken des Pferdes als auch für den Rücken des Reiters schonenden leichten Sitz und enhält Elemente aus verschiedenen Reitweisen.

Das Konzept des Centered Ridings (Reiten aus der Körpermitte) geht zurück auf die Amerikanerin Sally Swift. Das System soll Reitanfängern und fortgeschrittenen Reitern helfen über Assoziationen, Vorstellen bestimmter innerer Bilder den Körper in seiner Mitte zu zentrieren und darüber mehr Bewegungsgefühl und Bewegungsqualität zu erlangen. Sally Swift, die im April 2013 100 Jahre alt geworden ist, hat ihre Methode in 2 Büchern anschaulich dargestellt und es gibt eine Vielzahl von Instructoren die nach ihrer Methode unterrichten. Centered Riding unterstützt das gymnastizierende Reiten in allen Reitstilen und dient insofern nicht nur den nach diesem System lernenden Reitschülern, sondern vor allem auch den so gerittenen Pferden. Die Konzentration auf die mentale Präsenz ist zwar häufig von außen nicht sichtbar, aber für Pferde sehr gut spürbar und sehr effektiv.